Ein alter Freund von mir möchte eine Expertenmeinung und –erfahrungen in Sachen „networking“ von mir. Hilft mir „networking“? Wann hat mir „networking“ das letzte Mal einen guten Geschäftskontakt gebracht? Was halte ich vom „networking“? Hat „networking“ überhaupt Zukunft?
Ich persönlich versuche Begriffe verständlich und möglichst deutsch auszudrücken – das hilft oft auch Dinge klarer zu sehen. „Networking“ … das war für mich NetzARBEIT. ARBEIT, keine einfachen Gespräche, nichts was ich mal eben so bei einem Branchentreff von Stapel lassen kann, etwas das strategisch vorbereit und geplant sein will. Überhaupt … ist diese NetzARBEIT eigentlich real oder ausschließlich virtuell?
Ich habe nachgeschlagen … da kommt dann „vernetztes Arbeiten“ oder – wie in der Überschrift „Beziehungspflege“. Als ich „networking“ das erste Mal von diesem alten Freund hörte, darüber nachdachte, kam mir als erstes mein fast 16jähriger Sohn in den Sinn. Als „Digital Nativer“ (bitte deutsch lesen) macht er dieses „networking“ über facebook, youtube und die Whats App. Bei ihm ist das Fleisch und Blut, Bestandteil seines Lebens, alleine deshalb schon strategisch. Er tut „es“ auch ohne bestimmte konkrete Ziele zu verfolgen. In all diesem Fluss finden sich dann für ihn auch 1-2 Mal pro Woche ein Bonbon … etwas Besonderes … der heiße Draht zu einem Termin oder vielleicht ein Hinweis auf etwas, was er bereits lange gesucht hat. Don Tapscott hat sich in seinen Büchern „Growning up Digital“ und „Grown up Digital“ diesen Themen intensiv gewidmet, viele Jugendliche rund um die Welt befragt. Hier ist – halten wir das soweit fest – „NetzARBEIT“ Bestandteil der DNA von Jugendlichen – und zwar im Wesentlichen virtuell. Und natürlich ist Jugend Zukunft, die nächste leitende Generation.
Ich selbst – im mittlerweile 43zigsten Lebensjahr angekommen – ticke hier völlig anders, habe ganz andere Erfahrungen. Bei „NetzARBEIT“ denke ich an XING, Facebook, Twitter …. und an unterschiedlichste Branchentreffs … mediale in Berlin & Hamburg, Quartierstreffs in Berlin, Eventfachmenschentreffs in Berlin und DDV-Treffs in Frankfurt – zum Beispiel. Und mir fällt ein, dass mir mein altes und neueres Erfahrungsgedächtnis sagt, dass …
… du nur solange für Dein scheinbares Netzwerk interessant bist, solange du diesem etwas geben kannst. Verlässt du den aktuellen Arbeits-Bereich oder deine Position, verlierst du deinen Job … werden die Karten neu gemischt – meist zu deinem großen Nachteil, ohne dass Du von diesem Netzwerk etwas hast. Warum nur?
… viele, sehr viele NetzARBEIT mit Marketing & Vertrieb verwechseln. Fatal! Auch intensives Aufklären hilft hier nichts. Auch Große sind hier dämlich, beratungsresistent und haben keine Strategie, arbeiten mit der alten Gießkanne und SENDEN halt ohne zu empfangen – auch in neuen Kanälen. Lufthansa auf Twitter … ist wirklich ein tolles Beispiel dafür.
… es unglaublich viele Schnacker in diesen Netzwerken gibt. Menschen, die sich gerne darstellen, Amerika entdeckt und den Mond bereist haben und diese Geschichten brauchen, um das fehlende Selbstwertgefühl zu ersetzen. Arbeitskrüppel, Burnout-Hasen, Geltungs-Freddies, … alles Menschen, die mir meine Zeit stehlen und deren fehlende Selbstreflexion gnadenlos ist. Brauche ich nicht.
Kurzum: Bei aller Menschenliebe und Offenheit, die ich Menschen entgegen bringe, weiß ich dass solche im Zusammenhang mit den o. g. NetzARBEITS-Punkten getrost gemieden werden können, ja dringend gemieden werden sollten.
Irgendwie beantwortet das die Eingangsfragen … finde ich. Aber ich habe gelernt, dass es gut ist konstruktiv zu sein … allerdings sind aus den obigen Zeilen schon ganz viele konstruktive Tipps ableitbar … dennoch: Wie trete ich mit Menschen in Kontakt? Was rate ich meinen Kunden? Wo liegt für mich die Zukunft der mitmenschlichen Interaktion?
Nun, ich will da nicht zu viel verraten, nur diese Spiegelstriche:
– Cluetrain ist aktueller denn je
– SENDEN wird von DIALOG und EMFFANGEN (nicht SAMMELN) abgelöst werden
– VIRTUELL braucht zwingend die REALE Vorbereitung
– … und die Frage nach der WAHRHAFTIGKEIT (Empathie) muss sinnhaft beantwortet werden können
Sicher gibt es noch viele weitere Punkte … der Kern wird von diesen vier gut repräsentiert. Ach ja … vergessen Sie Facebook, Twitter, XING und alle anderen wie auch immer gearteten IT-Lösungen auf diesem Gebiet … das sind alles Wesen des Übergangs, teils sogar Sternschnuppen.
Und wenn jetzt ein alter Freund „NetzARBEIT“ zu einem Geschäftszweck machen möchte? Ich empfehle dann viele Telefonate, viele persönliche Besuche, gutes Zuhören und eine glückliche Hand bei der Bekanntmachung (Netz) jeweils zweier eigener „Bekannter“, die ihn bereits viel ARBEIT gekostet haben und bei deren ZusammenARBEIT aus 1 plus 1 mindestens 2,5 wird. Viel Glück.
Oliver Selaff / o.selaff@boa42.de / Juli 2012
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